Friseurmeisterin Kristina Baumgartner sieht trotz Einbußen und schwieriger Bedingungen aufgrund von Corona positiv in die Zukunft.
Felix Wahlers, Pixeltypen
Friseurmeisterin Kristina Baumgartner sieht trotz Einbußen und schwieriger Bedingungen aufgrund von Corona positiv in die Zukunft.

Im Gespräch mit Friseurmeisterin Kristina Baumgartner aus Viechtach im Landkreis RegenMut machen und aus der Krise lernen

"Auf unbestimmte Zeit geschlossen" - der Alptraum für jeden Betriebsinhaber wurde für Kristina Baumgartner aus Niederbayern Mitte März zur harten Realität. Wie für viele Tausend andere Handwerksbetriebe in ganz Deutschland, kam der Shutdown für ihren Herren-Friseursalon namens "Platzhirsch - Bavarian Barbershop" plötzlich und unangekündigt. Die Fragen "Wann geht es endlich weiter? Und wie?" quälten die Friseurmeisterin. Ihre drei "Mädels", wie sie ihre Mitarbeiterinnen liebevoll nennt, musste Baumgartner in Kurzarbeit schicken. Zum Glück hatten sie Verständnis für die Maßnahmen ihrer Chefin: "Du musst mit den Leuten reden. Wenn jemand deine Beweggründe versteht, dann unterstützt er dich auch." Und irgendwie musste es weitergehen. So nutzte Baumgartner die ungewollte Auszeit. Die Herren-Friseurin strich ihren Laden, optimierte das Kassensystem, erledigte Büroarbeiten und deckte sich mit Schutzmasken und Einmalhandschuhen ein für die sehnlich erwartete Wiedereröffnung. Um diese zu beschleunigen, überlegte sie sich ein geeignetes Hygiene- und Sicherheitskonzept, noch bevor diese Maßnahmen überhaupt zur Debatte standen. Denn ihr war klar: "Wenn ich meinen Laden wieder öffnen will, muss ich aktiv werden." So erarbeitete die 32-Jährige Maßnahmenvorschläge für die Zeit danach und stellte sie Behörden und Ämtern vor. "Als Friseurin arbeite ich am Menschen, in unserem Handwerk werden Desinfektion und Hygiene sowieso schon immer großgeschrieben, nicht erst seit Corona." Das wollte sie in dieser Zeit vor allem auch ihren Kunden vermitteln.

Gute Krisen-Kommunikation macht sich bezahlt

Seit Geschäftsstart legt Kristina Baumgartner großen Wert auf den persönlichen Kundenkontakt. Stück für Stück baute sie sich eine Online-Community auf, die mittlerweile mehr als 1.700 Instagram-Abonnenten und knapp 3.000 Facebook-Fans zählt. Auch WhatsApp setzt Baumgartner ein, zum Beispiel für Terminvergaben oder bei Fragen. Und das kam ihr in den Krisen-Wochen besonders zugute: "Ich nutzte meine Online-Kanäle verstärkt, um meine Kunden up-to-date zu halten", sagt die Niederbayerin. Immer wieder postete sie aus ihrem "neuen" Alltag, informierte ihre Community über die neuen Hygiene-Richtlinien und beantwortete die häufigsten Kundenfragen per Video-Funktion. Das Interesse ihrer Kundschaft sei enorm gewesen. Viele ihrer Kunden wollten ihrem Lieblingsfriseur auch konkret helfen. Und dank einem Online-Shop, der durch eine Werbeagentur für Baumgartner und andere regionale Unternehmer auf die Schnelle "aus dem Boden gestampft wurde", war dies auch möglich. Dort gab es Platzhirsch-Gutscheine und Produkte wie "Käppis für die Corona-Frisur". Per Maus-Klick bestellt, via PayPal bezahlt und per Post geliefert. "Das Ganze kam richtig gut an", berichtet Baumgartner, die zusätzlich auf Social Media dafür bewarb. Für die Zukunft feilt Baumgartner an ihrem eigenen Online-Shop als festen Bestandteil ihres Geschäftsmodells. Auch, um sich für nochmalige Krisen-Zeiten ein Stück weit abzusichern.

Hygiene und Sicherheit bei Friseuren immer schon Thema

Aktuell arbeitet das Platzhirsch-Team im Schichtbetrieb. Immer drei aus dem Team bedienen jeweils einen Kunden. "Glücklicherweise ist unser Laden groß genug. Die Abstandsvorschriften machen uns also keine Probleme." Und strenge Hygieneregeln gab in Baumgartners Laden in Viechtach es schon vor der Krise. Auch wenn sie nicht alle neuen Maßnahmen gut findet. "Einmal-Umhänge benutze ich nicht, lieber wasche ich ein paar Mal mehr, um Müllberge zu vermeiden." Generell ist sie trotz aller Auflagen einfach nur froh, dass sie ihren Kunden wieder das volle Herren-Programm anbieten darf. Denn erst hieß es: Ladenöffnung ja, aber keine Gesichtsbehandlungen. "Es wäre verheerend für uns gewesen, wenn wir unseren Kunden auf Dauer keine Bartrasur und -pflege hätten anbieten dürfen." Dafür trägt das Team nun spezielle FFP2-Masken und Gesichtsvisiere aus Plexiglas. "Wir arbeiten zügig, trotzdem genau und gewissenhaft. Und die Kunden sind einfach nur happy." Einige Dinge bleiben dennoch auf der Strecke: "Da die Behörden davon abraten, bieten wir den Herren aktuell leider keine Getränke an." Auch die Beratung kommt momentan zu kurz: Denn die neuen Regelungen besagen, dass sich Kunden nur so lange wie nötig im Laden aufhalten sollten. Doch auch hier geht Baumgartners Devise auf: "Reden, zuhören und erklären." Dann sei auch Verständnis für die Einschränkungen da.

Lernen mit Corona zu leben und zu arbeiten

Trotz der aktuell angespannten Lage sieht Kristina Baumgartner verhalten positiv auf die nächsten Monate. Ab September fängt die erste Auszubildende im Platzhirsch an. Gemeinsam mit einem Friseur-Partnerbetrieb wird Baumgartner die junge Frau ausbilden, da dies Vorgabe für Barbiere ist. "Natürlich möchte ich, dass Aileen sich - trotz Corona - bei uns wohl fühlt." Um der jungen Auszubildenden Bedenken zu nehmen, habe sie in den letzten Wochen viel mit ihr gesprochen. Auch das Praktikum davor habe sich bewährt: "Sie weiß also, wie wir arbeiten und kennt die Hygiene-Abläufe bei uns." Dass sich die Mitarbeiter bei der Arbeit wohlfühlen, sieht Baumgartner als ihre persönliche Verpflichtung. "Ich freue mich einfach drauf, wenn ich bald ausbilden darf." Denn: "Das Herren-Thema wurde im Friseurhandwerk lange Zeit vernachlässigt. Doch es ist absolut nicht langweilig." Im Gegenteil, findet Baumgartner: "Das Bartschneiden, die Bartrasur und -pflege gehört unbedingt in die Friseurausbildung, auch in die Prüfungen." Denn wenn die Krise uns eines gezeigt habe, dann: "Dass das Friseurhandwerk ein Dienst am Menschen ist und wieder mehr Wertschätzung verdient hat." Das sehen auch die Platzhirsch-Kunden so. Und gemeinsam mit ihnen und ihrem Team möchte Baumgartner im Oktober den nächsten Betriebs-Meilenstein feiern: das fünfjährige Jubiläum. "Hoffentlich mit einem Glas Sekt oder Bier in geselliger Runde." Bleibt abzuwarten, ob dies möglich sein wird.

Weiterführende Informationen

Aktuelles zum Corona-Virus: Informationen für Betriebsinhaber



Arbeiten mit Schutzbrille und Maske: Kundensicherheit hat im "Platzhirsch" höchste Priorität.
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