Wie werde ich Sachverständiger?
Bestellungsgrundlagen
Die Handwerkskammer bestellt und vereidigt auf Antrag gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 4 der Handwerksordnung Sachverständige zur Erstattung von Gutachten über Waren, Leistungen und Preise von Handwerkern und vom handwerksähnlichen Gewerbe.
Bestellungsvoraussetzungen
(1) Für das Sachgebiet, für das eine öffentliche Bestellung beantragt wird, muss ein allgemeiner Bedarf an Sachverständigenleistungen bestehen. Die Sachgebiete und die Bestellungsvoraussetzungen für das einzelne Sachgebiet werden durch die Handwerkskammer bestimmt.
(2) Als Sachverständiger der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz kann nur öffentlich bestellt und vereidigt werden, wer
(2) 1. a. in ihrer Handwerksrolle als Inhaber oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person eingetragen ist und dabei in seiner Person die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt oder als Betriebsleiter verzeichnet ist oder
(2) 1. b. als Inhaber, Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person in ihrem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen ist. Gleiches gilt für Gesellschafter von dort eingetragenen juristischen Personen, die in diesem Unternehmen handwerklich tätig sind.
(2) 2. über eine ausreichende Lebens- und Berufserfahrung verfügt,
(2) 3. die persönliche Eignung insbesondere Zuverlässigkeit sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit entsprechend den Anforderungen des beantragten Sachgebiets besitzt;
(2) 4. seine besondere Sachkunde (erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse und Fertigkeiten), die notwendige praktische Erfahrung und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, nachweist; § 36a GewO gilt entsprechend;
(2) 5. über die zur Ausübung der Tätigkeit als Sachverständiger erforderlichen Einrichtungen verfügt;
(2) 6. in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt;
(2) 7. die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bei der Erstattung von Gutachten sowie für die Einhaltung der Verpflichtungen eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bietet,
(2) 8. nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften jederzeit und uneingeschränkt für die Sachverständigentätigkeit zur Verfügung steht.
Der Nachweis dieser Voraussetzung obliegt dem Antragsteller
(3) Eine Bestellung und Vereidigung in anderen Fällen kann nur erfolgen, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:
(3) 1. Steht der Antragsteller in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis, hat er nachzuweisen, dass
(3) 1. a. er die Voraussetzungen des Abs. 2 Nrn. 2 bis 8 erfüllt,
(3) 1. b. er im Falle eines zulassungspflichtigen Handwerks die Voraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
(3) 1. c. sein Anstellungsvertrag den Erfordernissen des Abs. 2 S. 1 Nr. 7 nicht entgegensteht und dass er seine Sachverständigentätigkeit höchstpersönlich ausüben kann;
(3) 1. d. er bei seiner Sachverständigentätigkeit im Einzelfall keinen fachlichen Weisungen unterliegt und seine Gutachten selbst unterschreiben und mit dem ihm verliehenen Rundstempel versehen kann;
(3) 1. e. ihn sein Arbeitgeber im erforderlichen Umfang für die Sachverständigentätigkeit freistellt.
(3) 1. f. seine Niederlassung als Sachverständiger oder, falls eine solche nicht besteht, seinen Hauptwohnsitz im Bezirk der Handwerkskammer hat.
(3) 2. Auf Grundlage seiner Berufserfahrung kann auch öffentlich bestellt und vereidigt werden, werden, wer
(3) 2. a. zur selbständigen Ausübung eines Handwerks oder handwerksähnlichen Gewerbes berechtigt ist, aber nicht die Voraussetzungen des Abs. 2 S. 1 Nr. 1 erfüllt und
(3) 2. b. in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung mindestens 6 Jahre in einem Betrieb des Handwerks bzw. des handwerksähnlichen Gewerbes, für das er öffentlich bestellt werden will, praktisch tätig gewesen ist, davon mindestens 3 Jahre als Handwerksunternehmer oder in betriebsleitender Funktion im Sinne von Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und
(3) 2. c. seine Niederlassung als Sachverständiger oder, falls eine solche nicht besteht, seinen Hauptwohnsitz im Bezirk der Handwerkskammer hat.
(3) 3. In Ausnahmefällen kann als Sachverständiger auch öffentlich bestellt und vereidigt werden, wer nicht die Voraussetzungen des Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 erfüllt und seinen Hauptwohnsitz im Bezirk der Handwerkskammer hat.
Erläuterungen zu den Bestellungsvoraussetzungen
(2) 2. Der Sachverständige kann seine Tätigkeit nur erfolgreich ausüben, wenn er kraft seiner Persönlichkeit in den betroffenen Kreisen akzeptiert wird. Dazu gehört auch eine besondere Lebens- und Berufserfahrung. Erfahrungsgemäß ist diese nach einer Praxiserfahrung von fünf Jahren gewährleistet.
(2) 3. Persönliche Eignung liegt nur dann vor, wenn der Sachverständige die Gewähr für Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Glaubwürdigkeit und für die Einhaltung der Pflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen bei der Gutachtenerstattung oder Erbringung der sonstigen Sachverständigenleistungen bietet. Begründete Zweifel am Vorliegen dieser Eigenschaften rechtfertigen bereits die Ablehnung der öffentlichen Bestellung.
Der Sachverständige muss zuverlässig sein. Es darf deshalb über ihn keine einschlägige Eintragung im Bundeszentralregister oder Gewerbezentralregister vorliegen. Entsprechende Auskünfte werden von der Kammer eingeholt.
Der Sachverständige muss in der Lage sein, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Gutachten auftretenden physischen und psychischen Belastungen auszuhalten.
(2) 4. Die besondere Sachkunde setzt voraus, dass der Bewerber in dem Beruf, in dem er seine Sachverständigentätigkeit ausüben will, über hervorragende Fachkenntnisse verfügt und in der Lage ist, die Arbeiten Anderer sachverständig zu begutachten und das Ergebnis seiner Begutachtung für den Auftraggeber verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu erläutern.
Der Nachweis der besonderen Sachkunde ist durch den Sachverständigen zu führen. Er ist nicht schon dadurch erbracht, dass er seinen Beruf in fachlicher Hinsicht bisher ordnungsgemäß ausgeübt hat. Schriftliche Unterlagen allein reichen zum Nachweis der besonderen Sachkunde in aller Regel nicht aus.
Die Begutachtung handwerklicher Leistungen sowie die Akzeptanz in den betroffenen Kreisen setzen nicht nur ein hohes Maß an theoretischem Wissen, sondern auch eine durch mehrjährige selbständige praktische Tätigkeit im Handwerk erworbene Erfahrung voraus.
Der Sachverständige muss in der Lage sein, auch schwierige fachliche Zusammenhänge mündlich oder schriftlich so darzustellen, dass seine gutachterlichen Äußerungen für den jeweiligen Auftragge-ber, der in aller Regel Laie sein wird, verständlich sind. Hierzu gehört auch, dass die vom Sachver-ständigen dargestellten Ergebnisse so begründet werden müssen, dass sie für einen Laien verständlich und für einen Fachmann in allen Einzelheiten nachprüfbar sind.
Das Gutachten muss im Gedankengang für den Laien nachvollziehbar und für den Fachmann nach-prüfbar sein; Nachprüfbarkeit bedeutet, dass die das Gutachten tragenden Feststellungen, die Schlussfolgerungen und Bewertungskriterien so dargestellt sind, dass sie von einem Sachverständigen ohne Schwierigkeiten als richtig oder falsch erkannt werden können.
(2) 5. Der Sachverständige muss über die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger erforderlichen Einrichtungen verfügen können. Hierzu wird eine allgemeine Ausstattung vorausgesetzt. Die Regelung bedeutet aber nicht, dass er alle technischen Einrichtungen selbst zu Eigentum erwerben muss; es reicht vielmehr aus, dass ihm die erforderlichen Einrichtungen in einer Weise zur Verfügung stehen, dass der Zugriff, soweit erforderlich, jederzeit möglich ist und seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet werden.
Eine Prüfung, ob die für die Sachverständigentätigkeit erforderlichen Einrichtungen gegeben sind, kann z. B. durch einen Betriebsberater der Kammer erfolgen.
(2) 6. Der Sachverständige muss in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Das bedeutet insbesondere, dass der Sachverständige keine eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO für sich oder einen Dritten abgegeben haben und weder persönlich noch für einen Dritten im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen sein darf.
Dies bedeutet weiter, dass über das Vermögen des Sachverständigen kein Konkurs oder gerichtliches Vergleichsverfahren beantragt, eröffnet oder mangels Masse abgelehnt sein darf. Dies bedeutet schließlich, dass über das Vermögen einer Handelsgesellschaft, dessen Geschäftsführer oder Gesellschafter er ist, nicht das Konkurs- oder gerichtliche Vergleichsverfahren beantragt, eröffnet oder die Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt sein darf.
Eine Bestellung kann in solchen Fällen nur dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ausgeschlossen ist, dass das Ansehen des Sachverständigen in der Öffentlichkeit Schaden gelitten hat und die Gefahr der Erstattung von Gefälligkeitsgutachten nicht besteht.
(2) 7. Der Sachverständige muss bei der Gutachtenerstattung oder der Erbringung sonstiger Sachverständigenleistungen persönlich und beruflich unabhängig sein. Er muss seine Gutachten in eigener Verantwortung erstatten können und darf nicht der Gefahr einseitiger Beeinflussung oder fachlicher Weisung bei der Erstattung seiner Gutachten beziehungsweise der Erbringung seiner Sachverständigenleistungen ausgesetzt sein.
(3) Diese Regelung ermöglicht zwar die Sachverständigenbestellung im Handwerk auch für denjenigen, der hauptberuflich als Sachverständiger tätig sein will, nicht aber ohne auf die aus Sicht des Handwerks unbedingt erforderliche Praxiserfahrung zu verzichten. So bleiben weiterhin die Meisterqualifikation bzw. Qualifikationen wie beispielsweise "Dipl.-Ing.", die ebenfalls als Voraussetzung für die selbständige Ausübung eines Handwerks anerkannt ist, unabdingbare Voraussetzungen. Geregelt wird die Mindestanforderung an die Praxiserfahrung eines Antragstellers in dem Gewerk, für das er öffentlich bestellt werden will. Hier gewinnt die verantwortliche Unternehmerfunktion einen weiterhin betonten Stellenwert.
Im Umkehrschluss wird deutlich, dass ausschließliches Theoriewissen - selbst auf wissenschaftlichem Niveau - für das Tätigkeitsfeld eines Sachverständigen des Handwerks nicht ausreicht.
Verfahren
Über die öffentliche Bestellung entscheidet die Handwerkskammer. Sie soll die zuständige Innung und/oder den Fachverband vorher anhören. Für die Anhörung ist die Zustimmung des Antragstellers erforderlich.
Darüber hinaus ist die Handwerkskammer berechtigt, vom Antragsteller auf seine Kosten zum Nachweis einer besonderen Sachkunde die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen zu verlangen und ihn zu verpflichten, sich einer Überprüfung durch ein Fachgremium zu stellen.
Der Antragsteller hat den Besuch von Seminaren, die der Vermittlung des für das Sachverständigenamt notwendigen rechtlichen Grundwissens dienen, nachzuweisen. Entsprechende Seminare werden vom Institut für Sachverständigenwesen (IfS) angeboten. Erforderlich ist in der Regel der Besuch eines Grundlagenseminars für Sachverständige des Handwerks.
Die Handwerkskammer kann ferner Stellungnahmen fachkundiger Dritter einholen und sonstige Erkenntnisquellen nutzen.
Haftpflichtversicherung
Der Sachverständige hat eine Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe abzuschließen.