Ria Achhammer und Ursula Filatsch
HWK
Sie arbeiten seit 50 Jahren zusammen und haben die Welt bereist: Ria Achhammer (li.) und Ursula Filatsch

Im Gespräch50 Jahre im Zeichen der Haarpracht

Stellen Sie sich vor: Sie sperren um 6 Uhr morgens Ihr Geschäft auf – und dort wartet bereits eine Schlange von Kunden. Das passierte Anfang der 70er Jahre, als Ria Achhammer zu ihrem Friseursalon in Schwandorf kam. „4,50 Mark für eine Frisur, das konnte sich jeder leisten. Da ging man täglich zum Friseur“, sagt sie. In der Früh sind Geschäftsfrauen gekommen, um sich die Haare richten zu lassen. „Es war ja eine Zeit, in der man überall nur frisiert hingegangen ist. Es wurde viel toupiert und der Haarsprayverbrauch war sehr hoch“, sagt die Friseurmeisterin. Abends wurden noch die Haarteile für die Damen gewaschen. „Ich habe mein Kind ins Bett gebracht und dann noch die Haarteile vorbereitet“, sagt Achhammer. Seit 1971 arbeitet sie mit Ursula Filatsch zusammen. Mehr als 50 Jahre lang haben sie sich durch diverse Dauerwellen, wechselnde Trends und anspruchsvolle Kunden gekämpft. Vor kurzem wurde Filatsch mit der Goldenen Ehrennadel der Handwerkskammer ausgezeichnet, für ihren Einsatz im Prüfungsausschuss der Friseurinnung, dem sie seit 27 Jahren angehört.

Von Schwandorf nach New York

Bereits als Lehrling schätzte Ria Achhammer „die Ursula“: „Sie war ein Superlehrling, wollte um 10 Uhr abends noch alles wissen. Es ist selten, dass jemand so wissbegierig ist. Sie hat aber auch einen eigenen Willen.“ Die beiden Damen haben die Friseurwelt bereist, waren in London, Hamburg und in New York. „Wir sind wie rechter und linker Fuß, wir können uns aufeinander verlassen“, sagt Ria Achhammer. Ursula Filatsch wollte schon als kleines Kind Friseurin werden, weil ihre Tante Haare geschnitten hat. „Mit Menschen umgehen und dass sie danach besser ausschauen als vorher, das mag ich. Und dass sie sich nach dem Friseurbesuch besser fühlen“, sagt sie. Filatsch hat sich ständig weitergebildet und auf Perücken spezialisiert. Sie bekommt viele Aufträge von den Krankenhäusern und Kunden aus der Umgebung – von Menschen, die Krebs haben oder am Kopf operiert wurden. Es sind auch junge Menschen, die eine Perücke angepasst bekommen. Nicht alle von ihnen überleben den Kampf gegen ihre Krankheit.

Freie Berufswahl undenkbar

Ria Achhammer durfte ihren Beruf nicht frei wählen. Ihre Mutter hatte ein Friseurgeschäft, dort musste sie nach der Schule aushelfen. Als sie 14 Jahre alt war, hat ihr Vater sie ungefragt aus der Schule abgemeldet. Sie sollte ihre Lehre beginnen. „Ich habe geweint und gebeten, wenigstens die Friseurfachschule besuchen zu dürfen“, sagt Achhammer. Dieser Kompromiss eröffnete ihr weitere Möglichkeiten: Später ging sie nach Duisburg und Düsseldorf, machte mit 20 Jahren ihren Meister und heiratete. In ihrem Salon arbeiten heute einige Mitarbeiterinnen seit 30 oder 40 Jahren. „Es ist wie eine Familie“, sagt Achhammer. Damals in den 70ern habe sie zusammen mit Ursula Filatsch den Ansturm der Kundinnen um 6 Uhr morgens gemeistert. Männer gingen in Männersalons. Selbst ihre Ehemänner und Väter gehörten nicht zu ihren Kunden. Deshalb kann sich Ursula Filatsch noch heute an den ersten männlichen Kunden erinnern: „Thomas hieß er, er hatte lange Haare, bis zum Oberarm“, sagt sie. 20 bis 25 Dauerwellen konnten es vor 50 Jahren pro Tag werden. Heute sind sie selten geworden. „Der Beruf hat sich sehr gewandelt: im Stil, in der Arbeitsweise und auch bei den Produkten“, sagt Achhammer. Filatsch frisiert heute im Schnitt acht Köpfe pro Tag. „Und ich will solange weitermachen, wie ich Kunden habe und mir etwas Neues für sie einfällt“, sagt sie.