Statement zum JahreswechselStrukturelle Probleme an der Wurzel packen
"Liebe Handwerkskolleginnen, liebe Handwerkskollegen,
meine Damen und Herren,
das ostbayerische Handwerk kann zufrieden auf das zu Ende gehende Jahr blicken und stolz auf sich sein. Diese Bewertung mag Sie auf den ersten Blick vielleicht verwundern. Denn selbstverständlich habe ich sehr wohl miterlebt, dass sich unsere Wirtschaft in einer Rezession befindet, die Sozialabgaben immer weiter steigen, Produktionskosten und Steuerbelastungen in Deutschland inzwischen ein Rekordniveau erreicht haben. Kurzum: dass es mittelständischen Unternehmern in Deutschland selten so schwer gemacht wurde, ökonomisch sinnvoll und erfolgreich zu wirtschaften wie in den letzten drei Jahren unter der jetzt gescheiterten Ampelkoalition. Dennoch: Unsere Handwerkerinnen und Handwerker in Ostbayern haben sich angesichts der Stagnation im Land, der überbordenden Bürokratie, der immer noch hohen Energiekosten und des Fachkräftemangels sehr gut, ich möchte fast sagen, überdurchschnittlich gut geschlagen. Das Handwerk in Ostbayern hat allen Problemen zum Trotz größtenteils eine bewundernswerte Resilienz bewiesen. Trotz sinkendender Nachfrage und Auftragseingänge zog die Investitionsbereitschaft unserer Betriebe in den letzten Monaten deutlich an. 41 Prozent der Betriebe investierten laut unserem Konjunkturbericht im dritten Quartal, so viele wie seit Anfang 2020 nicht mehr. Positive Signale gab es auch im Hinblick auf die Beschäftigtenzahlen. Erstmals seit zwei Jahren hat sich bei mehr Betrieben die Beschäftigtenzahl erhöht, als dass sie gesunken ist. Chapeau, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hut ab vor so viel Unternehmergeist, Mut und Aufbruchstimmung! Genau das ist es, was unser Land jetzt braucht.
Aufbruchstimmung und den Willen, die angestauten strukturellen Probleme nun endlich an der Wurzel zu packen. Es gilt, eine umfassende Steuer- und Sozialreform anzustoßen, die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen und vor allem dafür zu sorgen, dass sich Leistung wieder lohnt. Denn letztendlich kann nur das verteilt werden, was vorher auch erwirtschaftet wurde. Es kann nicht angehen, dass die Leistungsträger in unserer Gesellschaft ständig ausgebremst werden. Es kann nicht sein, dass der Mittelstand der Leidtragende bei vielen Entscheidungen einer Regierung ist, die mehr und mehr an der Lebenswirklichkeit und am Willen der Menschen vorbeiregiert hat. Unsere Demokratie ist ein hohes Gut, unser Land ist stark und unser Handwerkernachwuchs, die viel zitierte Generation Z, ist nicht nur gut ausgebildet, sondern sehr wohl auch leistungswillig. Auf unserer Meisterfeier, bei den Kammersiegerehrungen, in unseren Kursen: überall treffe ich junge Handwerker, die etwas gestalten und ihr Handwerk weiterentwickeln wollen. Die Sinnhaftigkeit und Erfüllung in ihrer Arbeit finden und die auch in der Heimat bleiben und arbeiten wollen. Für diese jungen Leute brauchen wir die besten Rahmenbedingungen. Dafür kämpfen wir als Handwerkskammer und ich persönlich im nächsten Jahr bei einer neuen Bundesregierung mit aller Entschiedenheit. Das verspreche ich Ihnen. Die neue Regierung wird nicht viel Zeit haben, die gravierenden Strukturprobleme Deutschlands anzupacken. Die Zeit drängt. Entschlossenes Handeln und auch der Mut zu unpopulären Entscheidungen sind gefragt. Daran wird sich die neue Bundesregierung messen lassen müssen. Das ostbayerische Handwerk hat in diesem Jahr vorgemacht, wie Aufbruchstimmung geht. Dass nicht alles schlecht ist, dass man positiv bleiben muss.
Und deshalb zitiere ich zum Schluss dieses Jahres 2024 aus „Stufen“, einem wunderbaren Gedicht von Hermann Hesse:
„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
In diesem Sinne: ein gutes neues Jahr 2025."