BürokratieabbauPraxis-Check: Bürokratie im Handwerk auf dem Prüfstand
17. Dezember 2024
Seit Jahren wird über Bürokratieabbau gesprochen, doch passiert ist bisher wenig. Auch für Handwerksbetriebe bedeutet der Papierkrieg unnötige Zeitverschwendung und hohe Kosten. Mit einem innovativen Ansatz geht die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz deshalb jetzt neue Wege. Gemeinsam mit Betrieben wurde ein Praxis-Check zu einem ausgewählten Thema durchgeführt, das Handwerksbetriebe besonders umtreibt. Fokuspunkt des ersten Praxis-Checks war die Genehmigung von Schwertransporten. Die Handwerkskammer und betroffene Betriebe haben hierzu die gesamte Prozesskette, mit allen bürokratischen Hürden, vollständig durchleuchtet. Die Ergebnisse wurden gestern in der Jura-Holzbau GmbH in Riedenburg dem Bürokratieabbaubeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Walter Nussel vorgestellt.
"Wir als Handwerkskammer verstehen uns als Türöffner in die Politik, damit die Probleme unserer Betriebe dort ankommen, wo sie hinmüssen", so HWK-Präsident Dr. Georg Haber. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass es nichts bringe, die Politik mit zu vielen Themen auf einmal zu konfrontieren. "Lange Forderungskataloge sind gut gemeint, verschwinden aber oft nur in der Schublade. Deshalb sagen wir: Qualität vor Quantität, wir schauen uns die Bürokratie in der Tiefe an", so Haber weiter.
Prozess schlichtweg "grenzwertig"
Das Fokusthema des ersten Praxis-Checks betrifft zahlreiche Handwerksbetriebe im Baubereich, die große Teile und schweres Gerät mit Großraum- und Schwertransporten, transportieren müssen. Denn um am Straßenverkehr teilnehmen zu können, müssen betroffene Betriebe eine Genehmigung einholen, die mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden ist. So müssen zunächst alle Verkehrsgenehmigungsbehörden, in deren Zuständigkeitsbereich die Durchfahrt stattfindet, einem umfangreichen Antrag zustimmen. Wird die Genehmigung erteilt, muss der Betrieb einen Auflagenkatalog von etlichen Seiten beachten. Er muss zum Beispiel vor der Abfahrt selbst recherchieren, ob die geplante Route nicht doch durch Straßensperrungen oder Durchfahrtsbeschränkungen behindert wird – und das, obwohl der Antrag bereits genehmigt ist. Zusätzliche Bürokratie wird durch die angeordnete Bereitstellung der Begleitfahrzeuge verursacht. Der gesamte Prozess sei langwierig, praxisfern, unnötig kompliziert und schlichtweg "grenzwertig", so fasst der Prokurist Christian Hierl der Jura-Holzbau GmbH die Situation zusammen. "In den Behörden werden immer weiter unnötige Ressourcen aufgebaut, und das geht auf Kosten der Effizienz und letztlich unserer Handlungsfähigkeit."
Anzeige- statt Genehmigungspflicht
Im Rahmen des Termins mit Walter Nussel wurde die gesamte Komplexität der Prozesskette detailliert offengelegt. Auch Vorschläge, wie das Verfahren optimiert werden kann, wurden besprochen. Eine Forderung der Betriebe war es, bei der Anmeldung des Transports bei der zuständigen Polizeibehörde genauer hinzuschauen. Adrian Blödt, Geschäftsführer der Blödt Holzkomplettbau GmbH, erklärte: "Jedes Polizeipräsidium nutzt unterschiedliche Formblätter – das ist aus unserer Sicht völlig unverständlich. Wir brauchen ab sofort ein einziges einheitliches Formular und mittelfristig einen einfachen Bestätigungsklick im bestehenden Online-Portal VEMAGS, denn dort liegen die Daten ohnehin schon vor."
Zudem sprach sich Blödt für eine Anzeige- statt einer Genehmigungspflicht bei einfacheren Transporten aus, die ein geringes Gefährdungspotenzial haben und sich auf einen begrenzten Radius beschränken. "Eine solche Lösung würde viele Betriebe massiv entlasten und wäre ein echter Meilenstein", so Blödt.
Mehr Vertrauen und Beinfreiheit
Walter Nussel zeigte große Offenheit und sicherte den Anwesenden in mehreren Punkten seine volle Unterstützung zu. Auch was die Forderung einer Anzeige- statt einer Genehmigungspflicht bis zu einer bestimmten Bagatellgrenze anbelangt, zeigte sich Nussel gesprächsbereit. Beim Thema Bürokratie sieht der Abbaubeauftragte die Angst vieler Entscheider davor, Fehler zu machen oder haftbar gemacht zu werden, ursächlich dafür, dass immer mehr Regeln und Formulare entstünden. "Das ist der falsche Weg", so Nussel. Unternehmer bräuchten Beinfreiheit und letztlich auch das Zugeständnis, dass sie in der Lage sind, eigenverantwortlich zu handeln. "Gebt den Menschen wieder mehr Vertrauen, dann kommt auch Bewegung in die Sache."