Den Grenzraum als Chance begreifenMarienbader Gespräche 2017
24. November 2017
Unter dem Motto "Die Grenzregion entwickeln" hat die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz zum zehnten Mal die "Marienbader Gespräche" veranstaltet. Rund 160 Wirtschaftsexperten aus Ostbayern, Tschechien, Österreich und der Slowakei trafen sich einen Tag lang im tschechischen Marienbad. In drei Arbeitskreisen vertieften die Vertreter aus Unternehmen, Behörden, Kammern und Institutionen zahlreiche Themen im intensiven Dialog. Das Ziel: Den gemeinsamen Wirtschaftsraum weiterentwickeln und Erleichterungen für Betriebe und Arbeitnehmer vereinbaren.
Vernetzung stärkt Wirtschaft in Grenzregion
"Dass die Marienbader Gespräche eine Erfolgsgeschichte sind, kann man zum Zehnjährigen mit Fug und Recht behaupten", eröffnete der Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz Dr. Georg Haber die Veranstaltung. Diese lebe vor allem davon, dass alle Teilnehmer aktiv ihre Kompetenzen einbrächten, das Interesse zur Weiterentwicklung der grenzübergreifenden Region teilten und sich gegenseitig Einblicke und Kontakte vermittelten. So seien schon viele Projekte zwischen Partnern entstanden, die zuvor gar nichts voneinander wussten, betonte Haber. "Wie wichtig die grenzübergreifende Vernetzung und der persönliche Austausch von Informationen ist, zeigt das große Interesse der Teilnehmer", sagte Hauptorganisatorin und Außenwirtschaftsberaterin Katharina Wierer. Die Marienbader Gespräche seien eine Plattform, mit der die Grenzregion und damit ein Stück Europa praxisnah gestaltet, verändert und entwickelt werde, so Wierer weiter.
Konstruktive Gespräche mit konkreten Ergebnissen
In den mehrstündigen Arbeitskreisen präsentierten hochrangige Referenten grenzüberschreitende Projekte und regten lebhafte Debatten an. Eines der diesjährigen Schlüsselthemen waren die europäischen Struktur- und Investitionsfonds, deren neue Förderperiode im Jahr 2021 startet und bereits jetzt eine klare Weichenstellung erfordert. Zudem überlegten die Grenzraum-Akteure wie sich gemeinsame Ausbildungs- und Arbeitsmärkte weiter ausbauen und Hemmnisse, die grenzübergreifendes Arbeiten erschweren, abbauen lassen. Die Ergebnisse und Forderungen der Arbeitskreise wurden am Abend von Kammerhauptgeschäftsführer Toni Hinterdobler im Plenum vorgestellt.
Ziel: Einfachere Anerkennung von Berufsqualifikationen
Dass es bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit noch Verbesserungspotenzial gibt, war das Fazit aller Arbeitskreise. So müsse man laut Ergebnissen des Arbeitskreises "Grenzenlos, digital und attraktiv - Ausbildung und Arbeit im Handwerk" die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte systematisch vergleichen und das System der gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen weiterentwickeln. Das Ziel sei eine grenzübergreifende Verzahnung der Ausbildung. Dafür müssten bereits bestehende Azubi-Austausch-Projekte, wie etwa zwischen Baulehrlingen aus Weiden und Pilsen, noch weiter ausgebaut werden. Insbesondere forderten die Akteure auch eine stärkere Förderung von Deutsch beziehungsweise Tschechisch als Fremdsprache.
ESI-Fonds stärken Grenzregion
Im Arbeitskreis "Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds in der Grenzregion" stellte der stellvertretende Kammer-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger, den Wert der sogenannten ESI-Fonds für die Unternehmen in der Region heraus. "Viele Hemmnisse wurden durch die Fördermittel bereits abgebaut, die Unternehmen wurden wettbewerbsfähiger und die Bildungsstätten innovativer. Um das Ziel einer "Smart Region" mit gleichwertigen Strukturen bei Ausbildung, Digitalisierung und Dienstleistungserbringung zu erreichen, müsse es aber gelingen, die Förderfonds in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und das Vertrauen in die EU zu stärken, schlussfolgerten die Teilnehmer. Zudem bestehe auch in vermeintlich strukturstarken Regionen weiterhin Unterstützungsbedarf, um diese Herausforderungen meistern zu können.
Klare Regelungen für das grenzübergreifende Arbeiten
Der Arbeitskreis "Hemmnisabbau - Erweiterung des Absatzmarktes für Handwerksleistungen" hatte sich zum Ziel gesetzt, die Nachweispflichten bei Arbeitnehmerentsendungen zu vereinfachen sowie klare Kriterien und Rechtssicherheit für Unternehmer zu schaffen. Zudem analysierten die teilnehmenden Experten das Binnenmarkt-Informationssystem "IMI" und die Revision der sogenannten Entsenderichtlinie. Dabei benannten sie konkrete Unklarheiten und Problempotenziale. Die Ergebnisse werden zeitnah an die jeweiligen Ansprechpartner auf Bundes- und Europaebene weitergegeben.
Wertschätzung des gegenseitigen Austauschs
Die Generalkonsulin der Tschechischen Republik in München Kristina Larischová bedankte sich für die Möglichkeit des Austausches und lobte die effiziente Arbeitsweise. Die Grenzregion bezeichnete sie als "Nahtstelle Europas", für die die Marienbader Gespräche von großer Bedeutung seien.
Andreas von Busch, Referatsleiter für Tschechien und die Slowakei bei der Generaldirektion für Regionalpolitik und Stadtentwicklung in der Europäischen Kommission, zeigte sich beeindruckt von seinem ersten Besuch in Marienbad und den zahlreichen Praxisbeispielen der grenzüberschreitendenden Kooperation: "Hier passiert gelebtes Europa." Das müsse man hinaustragen, in die euroskeptische Welt.
Duales System als wichtigen Baustein anerkannt
Auch der Vizekonsul der Slowakischen Republik in München Juraj Solčány lobte das Zusammentreffen in Marienbad. Dadurch reflektiere man die Situation im eigenen Land noch einmal neu. So sei ihm beispielsweise klar geworden, wie wichtig die Wiedereinführung des dualen Systems in der Slowakei sei.
Zum zehnjährigen Jubiläum gratulierte auch der erste Vizebürgermeister von Marienbad Ludek Nosek. Er freute sich über den alljährlichen Besuch der Wirtschaftsexperten und hob die Notwendigkeit der grenzüberschreitenden Kooperation hervor.
"Es geht in großen Schritten vorwärts"
Die Marienbader Gespräche vermittelten erneut ein umfassendes Bild der laufenden Entwicklungen in der Grenzregion. Dabei lebte die bewährte Gesprächsplattform wie immer von der Mitarbeit aller Beteiligten. Deutlich wurde abschließend: Es geht in großen Schritten vorwärts bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit. Dennoch kann sie in vielen Punkten noch ausgebaut und verbessert werden.
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