Titelbild Lieferkettengesetz
STEFFEN MUELLER-KLENK

Einhaltung der Menschenrechte und umweltbezogener PflichtenLieferkettengesetz: Bedeutung für das Handwerk

Bereits im Juli 2021 wurde Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verkündet, welches auch als Lieferkettengesetz bekannt ist. Ziel des Gesetzes ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen. Unternehmen in Deutschland müssen ebenfalls dafür Sorge tragen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte und Umweltbelange eingehalten werden.

Im Gesetzgebungsverfahren wurde an sich Wert daraufgelegt, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) möglichst wenig zu belasten. Immer häufiger erhalten jedoch auch kleine handwerkliche Zulieferer von ihren industriellen Auftraggebern umfangreiche Fragebögen bzw. Verhaltenskodizes zum Lieferkettengesetz. Dies geschieht unabhängig davon, ob es sich um einen Zulieferer in Deutschland oder in Entwicklungs- und Schwellenländer handelt.

Das für die Umsetzung und Kontrolle des Lieferkettengesetzes zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat Erläuterungen und Hilfestellungen zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes bei Zulieferern vorgelegt. Sie finden die Dokumente im Downloadbereich.

Das BAFA bittet mit Blick auf teils vollkommen unangemessene Fragebögen und Codes of Conduct um Kontaktaufnahme in solchen Einzelfällen per Mail an lieferkettengesetz@bafa.bund.de



Was regelt die EU-Lieferkettenrichtlinie?

Die EU-Lieferkettenrichtline muss bis zum 25. Juli 2026 in nationales Recht umgesetzt werden und wird in einigen Bereichen die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) verändern.

Insbesondere sieht die Richtline eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vor, die es im deutschen Gesetz nicht gibt. Ein Unternehmen kann für Schäden haftbar gemacht werden, sofern es vorsätzlich oder fahrlässig versäumt hat, den Pflichten gemäß den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie (Verhinderung potenzieller sowie Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen) nachzukommen und dadurch die geschützten rechtlichen Interessen natürlicher oder juristischer Personen beschädigt wurden. Für die Geltendmachung des Schadensersatzes muss das Gesetz bei der Umsetzung eine Frist von mindestens fünf Jahren festlegen, wobei die Frist nicht vor der Beendigung des Verstoßes und Kenntniserlangung des Geschädigten beginnt.

Der direkte Anwendungsbereich der europäischen Richtlinie lautet anders. Betroffen sind europäische Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und mehr als 450 Millionen € Nettoumsatz weltweit.

Je nach Unternehmensgröße und Umsatz gelten unterschiedliche Fristen für die Anwendung der Richtlinie (nach Umsetzung in deutsches Recht) und zwar:

  • 3 Jahre nach Inkrafttreten der EU-Richtline für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und 1.5 Milliarden € Nettoumsatz
  • 4 Jahre für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und 900 Millionen € Nettoumsatz
  • 5 Jahre für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen € Nettoumsatz 

Kleine und mittelgroße Unternehmen sind auch nicht direkt, aber eventuell indirekt als Zulieferer betroffen.



Sofortprogramm 2024

Bis zur Anpassung des Gesetzes haben das Ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Katalog an Sofortmaßnahmen vorgelegt, um das LkSG praxisnah anzuwenden.

Folgende Maßnahmen gibt es:

  • Es ist eine weitere Konkretisierung des risikobasierten Ansatzes bzw. des Angemessenheitsprinzips vorgesehen. So soll auch das Rechtsdurchsetzungsniveau im Produktionsland berücksichtigt werden, was den in Deutschland ansässigen Zulieferbetrieben, gerade auch aus dem Handwerk, zugutekommt.
  • KMU sollen entlastet werden. Es soll noch klarer kommuniziert werden, dass LkSG-Pflichten nicht pauschal auf die Zulieferer abgewälzt werden, indem einheitliche Fragebögen an alle verschickt werden. Darüber hinaus soll die Erarbeitung von Mustervertragsklauseln unterstützt werden.
  • Unterstützung von Brancheninitiativen und Pooling von Audits.
  • Die Orientierung an Standards und Zertifizierungen soll durch eine Handreichung mit Anhaltspunkten für geeignete Standards etc. verbessert werden.
  • Es ist ein vertiefter Austausch mit der Wirtschaft geplant.
  • Das für die Überwachung des LkSG zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll sich in das geplante Netzwerk von Prüfbehörden auf EU-Ebene einbringen.
     

Das Sofortprogramm finden Sie im Downloadbereich.



Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich laut Pressemitteilungen am 22. Oktober 2024 bei der Tagung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. zur Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes noch in diesem Jahr.

Im Folgenden finden Handwerksbetriebe einige Hinweise.

Das Gesetz gilt seit 1. Januar 2023. Es verpflichtet zunächst lediglich Unternehmen mit in der Regel mehr als 3.000 Beschäftigten und Sitz in Deutschland.

Ab 1. Januar 2024 wird der Anwendungsbereich auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ausgedehnt.

Das Lieferkettengesetz zielt auf große Unternehmen ab. Handwerksbetriebe sind in aller Regel kleine und mittlere Unternehmen (KMU), welche nicht unmittelbar vom Gesetz erfasst sind. Dennoch können auch KMU unter Umständen mittelbar betroffen sein.

Wenn Handwerksbetriebe Zulieferer von Unternehmen sind, die unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen (= verpflichtetes Unternehmen), können sie aufgrund bestehender vertraglicher Regelungen zur Umsetzung von Sorgfaltspflichten angehalten werden. Beispielsweise könnten vertraglich menschenrechtsbezogene Erwartungen oder Umweltstandards festgelegt sein.

Selbst wenn keine vertraglichen Regelungen bestehen, kann ein verpflichtetes Unternehmen im Rahmen der eigenen Risikoanalyse auf die unmittelbaren Zulieferer zukommen. Als unmittelbarer Zulieferer gilt man, wenn man Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, die für die Herstellung des Produktes des verpflichteten Unternehmens notwendig sind.

Das verpflichtete Unternehmen muss unmittelbare Zulieferer, bei denen es ein Risiko vermutet, in seine konkrete Risikoanalyse und Maßnahmen einbeziehen.

 

Das heißt für KMU als unmittelbare Zulieferer konkret:

Verpflichtete Unternehmen verlangen für die eigene Risikoanalyse Informationen. Das kann beispielsweise das Bestehen von Risiken oder Verletzungen betreffen oder die eigene Durchführung einer Risikoanalyse durch die KMU hinsichtlich der verwendete Materialien und Vorlieferanten sowie auch Fragen zur Arbeitssicherheit der eigenen Betriebsstätten.

Auch kann es je nach Ergebnis der Risikoanalyse zu weiteren notwendigen Maßnahmen der verpflichteten Unternehmen kommen. Beispielsweise können dies Kontrollmechanismen oder Schulungen sein.

Beachte:

Verpflichtete Unternehmen müssen nach § 5 eine Risikoanalyse durchführen, in der die Wahrscheinlichkeit der Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht beachtet wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 3). Es ist also bei der Bewertung der unmittelbaren Zulieferer durch die verpflichteten Unternehmen darauf zu achten, ob ein Verstoß wahrscheinlich ist.

Unreflektierte und nicht auf die KMU im Speziellen abgestimmte Nachfragen sind durch das Gesetz nicht vorgesehen.

KMU müssen die Pflichten nach dem Lieferkettengesetz nicht selbst erfüllen. Das geht auch aus einem Leitfaden der BAFA hervor. Nach deren Informationen ist das KMU zu folgenden Handlungen nicht verpflichtet:

  • Durchführung einer eigenen Risikoanalyse bezogen auf ihre Lieferkette (allerdings müssen KMU u.U. ihren eigenen Standards darstellen)
  • Eigene Prüfung, welche Präventions- und Abhilfemaßnahmen sie bezogen auf ihre Lieferkette durchführen sollten
  • Einrichtung eines eigenen Beschwerdeverfahrens
  • Übermittlung von Berichten an das BAFA sowie Mitwirkung an Berichten durch das verpflichtete Unternehmen

Das Lieferkettengesetzt sieht vor, dass die verpflichteten Unternehmen mit ihren Zulieferern zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten zusammenarbeiten. Das Gesetz erlaubt es den verpflichteten Unternehmen, ihre unmittelbaren Zulieferer hinsichtlich der eigenen Risikoanalyse um Informationen zu bitten. Allerdings hat sich dies immer an der Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Menschenrechten und von umweltbezogenen Pflichten zu orientieren.

Was können KMU beachten?

  • Bei Auskunftsverlangen durch ein verpflichtetes Unternehmen hinsichtlich Daten zur Herkunft von Produkten oder potenziellen Risiken in der Herstellung, sollten Zulieferer auf die Begründung achten.
    Die Begründung sollte enthalten, dass das verpflichtete Unternehmen eine Risikoanalyse durchgeführt hat und dass daraus Risiken festgestellt wurden und welche Fragen bezogen auf die Risiken auf den konkreten Zulieferer daraus entstehen. Fehlt eine solche Begründung, sollte ein Zulieferer sie beim verpflichteten Unternehmen einfordern und die Informationen erst bei vorliegender Begründung bereitstellen.
  • Bei der Übermittlung von Daten an das verpflichtete Unternehmen sollte der Zulieferer prüfen, welche Informationen er schützen muss. Beispielsweise ist das bei Geschäftsgeheimnissen gegeben. Diese sollten unkenntlich gemacht oder in geeigneter Form zusammenfasst werden. Alternativ könnten mit dem verpflichteten Unternehmen Verschwiegenheitsklauseln vereinbart werden.
  • KMU sollten das verpflichtete Unternehmen auch darum bitten, dessen Ressourcen, Informationen und Tools zur Risikoermittlung mit nutzen zu dürfen.
  • Bei der Aufforderung zur Beteiligung an Präventions- und Abhilfemaßnahmen oder der Ausgestaltung eines Beschwerdeverfahrens sollten KMU sich aufzeigen lassen, welche Risiken in ihrem Geschäftsbereich oder ihrer Lieferkette konkret festgestellt wurden, in welcher Weise die geforderte Beteiligung erfüllt werden kann und ob und wie das verpflichtete Unternehmen dies mit eigenen Mitteln unterstützt.

Verpflichtete Unternehmen müssen bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten risikobasiert vorgehen.

Das bedeutet für KMU konkret:

Verpflichtete Unternehmen müssen zwischen risikoarmen und stark risikogeneigten Zulieferern unterscheiden. Wenn ein KMU als Zulieferer eines verpflichteten Unternehmens gebeten wird, einen umfangreichen Fragebogen zum Lieferkettengesetz auszufüllen oder entsprechende Erklärungen abzugeben, obwohl die abgefragten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in seiner Tätigkeit kaum eine Rolle spielen, dann sollte das KMU auf diesen Umstand hinweisen und darum bitten, dass das verpflichtete Unternehmen seine Fragen bezogen auf den Einzelfall näher begründet.

Zur Unterstützung aller Unternehmen, die Sorgfaltserwartungen hinsichtlich der Menschenrechte und Umweltbelange, hat die Bundesregierung unter anderem den Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte etabliert, welcher kostenfrei, vertraulich und individuell zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfalt berät und dabei hilft, das Handeln umwelt- und sozialverträglich zu gestalten.

Beratungsangebote:

https://wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte

KMU "Sorgfalts-Kompass":

https://kompass.wirtschaft-entwicklung.de/sorgfalts-kompass/strategie-entwickeln

KMU "Standards-Kompass":

https://kompass.wirtschaft-entwicklung.de/standards-kompass/was-standards-leisten-koennen

CSR Risiko-Check - Branchen-, produkt- und länderspezifische Risiken ermitteln:

https://www.mvorisicochecker.nl/de/csr-risiko-check

 


 Ansprechpartner

Fragen beantworten Ihnen gerne Claudia Kreuzer-Marks (Oberpfalz) und Markus Scholler (Niederbayern).

Claudia Kreuzer-Marks

Abteilungsleiterin

Tel. 0941 7965-130

Fax 0941 7965 198

claudia.kreuzer-marks--at--hwkno.de

Markus Scholler

Rechtsassessor

Tel. 0851 5301-112

Fax 0851 5301-103

markus.scholler--at--hwkno.de



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 Link

Zahlreiche Informationen erhalten Sie bei der BAFA.



 Wichtig

Unangemessene Fragebögen und Codes of Conduct
senden Sie bitte an lieferkettengesetz@bafa.bund.de