Präsident Dr. Georg Haber_offizielles Titelbild
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"Handwerk darf nicht durchs Raster fallen"

Drei Fragen an HWK-Präsident Dr. Georg Haber zum Thema Strompreissenkung und Bürokratieabbau



Bayern hat gewählt und ein neuer Koalitionsvertrag ist in trockenen Tüchern. Die Bundesregierung will den Strompreis für die Wirtschaft durch eine Steuerreform senken. Was hat das für Auswirkungen auf das ostbayerische Handwerk?

Georg Haber: „Als Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz sehe ich mich zu allererst als Interessenvertreter unserer Handwerksbetriebe und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und darum haben wir die aktuellen politischen Entwicklungen aus Sicht des Handwerks natürlich genau analysiert. Grundsätzlich stehe ich den aktuellen Beschlüssen äußerst positiv gegenüber. Im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freie Wähler wird ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Handwerks und zum Bürokratieabbau abgegeben. Wenn die in diesem Zusammenhang angekündigten Maßnahmen zeitnah so umgesetzt werden, wie sie im Koalitionsvertrag stehen, bin ich als Vertreter des ostbayerischen Handwerks mehr als zufrieden. Den Worten müssen angesichts der schwächelnden Wirtschaft allerdings jetzt schnell Taten folgen. Die Bundesregierung wiederum will die Wirtschaft mit einer niedrigeren Stromsteuer entlasten. Auch das ist per se eine gute Sache, weil in diesem Strompreispaket auch wichtige Forderungen des Handwerks zur Entlastung bei den Stromkosten aufgegriffen werden. Dennoch ist eine starke Interessensvertretung aktuell dringend geboten, denn das Handwerk wird bei vielen Entscheidungen schlichtweg vergessen.“



Inwiefern?

Georg Haber: „Nehmen wir das Thema Bürokratieabbau: Die Bürokratie hat für unsere Betriebe ein kritisches Maß erreicht, oder treffender gesagt: bereits überschritten. Der Koalitionsvertrag zeigt, dass die Bayerische Staatsregierung wirklich bemüht ist, unsere Handwerksunternehmer beim Thema Bürokratie zu entlasten. Trotzdem sehe ich ein paar Punkte kritisch: Die Staatsregierung will für den Erlass neuer Verwaltungsvorschriften ab Beginn der neuen Legislaturperiode ein grundsätzliches Moratorium für zwei Jahre einführen. Das klingt gut und ist sicher auch gut gemeint – letztlich bedeutet „Moratorium“ aber immer nur „Aufschub“. Wir verlagern damit also Probleme in die Zukunft anstatt sie zu lösen. Für unsere Betriebe, die eh schon am Limit sind, keine erfreuliche Nachricht. Auch die Ankündigung einer verschärften Paragrafenbremse nach dem Grundsatz „eins rein, zwei raus“ klingt gut – liest man aber genau, steht im selben Satz auch die Einschränkung „wo immer möglich“ – damit hält sich die Staatsregierung ein Hintertürchen offen, mit dem sie die Paragrafenbremse letztlich jederzeit umgehen kann.“

 

Und was kritisieren Sie an der geplanten Strompreis-Steuerreform?

Georg Haber: „Wie gesagt: Die Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent pro Kilowattstunde ist begrüßenswert und wurde vom Handwerk schon lange gefordert. Allerdings dürfen bei weiteren Entlastungen energieintensiv arbeitende Handwerksbetriebe nicht durch das Raster fallen. Energieintensive Branchen aus dem Handwerk, wie zum Beispiel Textilreinigungen oder Betriebe des Kfz-Handwerks, müssen daher ebenso unter dem Begriff „produzierendes Gewerbe“ subsumiert werden können, wie reine Industriebetriebe. Ansonsten drohen Wettbewerbsverzerrungen zulasten des Handwerks. Deshalb werden wir uns bei dieser Steuerreform vehement für Nachbesserungen für das Handwerk einsetzen.“

Gegen Wettbewerbsverzerrungen zulasten des Handwerks werden wir uns vehement wehren

Dr. Georg Haber