
Thomas und Jeanette Eusemann haben sich mit unternehmerischem Mut und Fleiß ihren eigenen Friseursalon aufgebaut.
Aus der Deutschen Handwerks ZeitungEin Funke, der noch immer zündet
Bei „Rock im Park“ in Nürnberg sprang der Funke über. „Während Tausende vor der Bühne standen, war ich auf dem Konzert von etwas ganz anderem fasziniert: ein Friseur stylte dort gerade ein Model für ein Fotoshooting – und ganz plötzlich wusste ich, was ich tun wollte“, erzählt Thomas Eusemann. 1998 war das, damals war der heutige Friseurmeister 18 Jahre alt und Gymnasiast in der zwölften Klasse. Nach dem Konzert schmiss er die Schule und startete in Hersbruck seine Lehre zum Friseur. Vor allem seine Oma war vom plötzlichen Berufswunsch ihres Enkels wenig angetan. Als Friseur könne man doch kein Geld verdienen. Thomas Eusemann hat diese Bemerkung damals nur noch mehr angespornt: „Ich wusste, dass ich gut werden und es allen zeigen wollte. Darum arbeitete ich während meiner Lehre sehr hart und absolvierte alle Fortbildungen, die sich mir geboten haben.“
Voller Elan in die Selbstständigkeit
Nach der Lehre wechselte Eusemann zu einem bekannten Friseursalon nach München. Dort produzierte das Lokalfernsehen große „Vorher-Nachher-Shows“, dort stylte er bald selbst die ersten Models – und er lernte viel über Marketing. 2005 hat der gebürtige Kölner seinen Meister gemacht. Im Meisterkurs lernte er auch seine spätere Ehefrau Jeanette kennen und lieben. Die beiden Handwerksmeister zogen zusammen nach Regensburg und eröffneten noch im gleichen Jahr „Unter den Schwibbögen“ in der historischen Innenstadt ihren eigenen, rund 120 Quadratmeter großen, Salon „Senseason“. Für das junge Paar begannen anstrengende Jahre. „Wir haben uns damals ganz bewusst für längere Öffnungszeiten und ein neues Servicemodell entschieden“, erinnert sich Eusemann. Teilweise bis 22 Uhr konnte man sich bei „Senseason“ die Haare schneiden, stylen und färben lassen. Außerdem gab es Hand- und Kopfmassagen on top. Zwei Jahren später stellten die beiden ihre erste Vollzeitkraft ein.
Für Thomas Eusemann war die Anfangszeit seiner Selbstständigkeit zwar herausfordernd, aber trotzdem erfüllend. „Erstens bin ich meiner Berufung gefolgt und zweitens habe ich schon früh gelernt mit Herausforderungen umzugehen.“ Ganz offen erzählt er von seiner Kiefer-Gaumen-Spalte, mit der er geboren wurde: „Ich habe als Kind nicht nur einige OPs und Heilungsphasen durchstehen, sondern auch mit Ausgrenzung umgehen müssen.“ Vor drei Jahren hat der 45-Jährige beschlossen, sich noch einmal vier weiteren Operationen zu unterziehen. „Damit man mich besser versteht und ich besser atmen kann.“ Inzwischen traut sich Thomas Eusemann als Speaker auf die große Bühne. Sogar einen Preis hat er dafür gewonnen. Für seinen Vortrag zum Thema „Wie Erfolg im Handwerk gelingt“, wurde er im vergangenen Jahr bei einem internationalen Speaker Slam ausgezeichnet. Überhaupt war 2024 ein erfolgreiches Jahr für den Unternehmer. „Senseason“ gewann in der Kategorie Digitalisierung den „Top Hair Award 2024“. Außerdem hat sich Thomas Eusemann mit dem Thema Digitalisierung für den Wettbewerb „Pitch im Handwerk“ auf der diesjährigen ZUKUNFT HANDWERK in München beworben und es bis ins Halbfinale geschafft.
Digitalisierung erleichtert die Arbeit
Eusemann führt seinen Erfolg als Speaker und Handwerksunternehmer, wie er sich selbst bezeichnet, vor allem darauf zurück, dass er für sein Handwerk brennt. „Man muss über den Tellerrand schauen, sonst bleibt man stehen“, sagt er, und: „Man muss sich immer weiterentwickeln und versuchen, auch Trends aus anderen Berufszweigen in sein Unternehmen zu integrieren.“
Doch wie genau kann Digitalisierung in einem Friseurbetrieb aussehen? Ist nicht gerade dort – mehr als in anderen Berufen – die reine Handarbeit gefragt? „Natürlich. Aber um mein Hauptaugenmerk auf die Arbeit am Kunden legen zu können, mache ich mir die Digitalisierung zunutze. Das spart mir viel Zeit.“ Thomas Eusemann setzt in seinem Salon auf viele digitale Tools. Im Kundenbereich gibt es neben der Online-Terminbuchung und einem automatisierten E-Mail-Marketing für Erstkunden zum Beispiel auch digitale Kundenbefragungen. Bei der Führung und Rekrutierung seiner Mitarbeiter arbeitet der Friseurmeister unter anderem mit digitalen Trainingstools und einem digital gestützten Ausbildungskonzept. „So werden ich für die jungen Azubis auch als Arbeitgeber attraktiv“, glaubt Eusemann.
Chef und Mentor zugleich
Rund zwanzig Friseure hat er inzwischen ausgebildet. „Etwa 90 Prozent arbeiten immer noch in ihrem Beruf. Auch das werte ich als Erfolg.“ Die „Generation Z“, gibt der Handwerksmeister zu, fordere ihn als Chef durchaus heraus. Aber auch das sieht Eusemann positiv: „Als Chef sollte man für die Auszubildenden auch eine Art Mentor sein, damit sie in der Branche erfolgreich werden. Einigen Azubis muss man zum Beispiel einfach mal vorrechnen, dass man mit einer reinen Teilzeittätigkeit später eben auch keine hohe Rente bekommt.“
Eusemann selbst kann sich neben Fleiß auch unternehmerischen Mut auf die Fahne schreiben. Denn 2011 zog er mit „Senseason“ an den Regensburger Kohlenmarkt um. Die 350-Quadratmeter-Location auf zwei Stockwerken in prominenter Altstadtlage renovierte er mit Akribie und viel Eigenleistung. Das Engagement hat sich gelohnt. Neben ihm und seiner Frau arbeiten in seinem Salon inzwischen noch zwei weitere Friseurmeister. Insgesamt besteht sein Team aktuell aus 13 Leuten. Viele davon sind seit Jahren dabei. Das macht Thomas Eusemann stolz. Ob auch seine Oma heute stolz auf ihn wäre? „Ich glaube schon. Ich habe meinen Traumberuf ergriffen und würde in der Rückschau alles genauso wieder machen.“
Deutsche Handwerks Zeitung
Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 28. März 2025.
Feuer und Flamme fürs Handwerk: Friseurmeister Thomas Eusemann.