Abstand, Hygienemaßnahmen, Distanzunterricht: Die Corona-Pandemie hat auch starke Auswirkungen auf Lehrlinge und Ausbilder in den Betrieben.
Jelena - stock.adobe.com
Abstand, Hygienemaßnahmen, Distanzunterricht: Die Corona-Pandemie hat auch starke Auswirkungen auf Lehrlinge und Ausbilder in den Betrieben.

Interview mit Michael Knauer, Abteilungsleiter Ausbildungsberatung der Handwerkskammer Ausbilden in der Krise

Viele ostbayerische Handwerksunternehmer planen in diesen Wochen das kommende Ausbildungsjahr, doch die coronabedingte Verunsicherung ist groß. Worauf sie achten sollten, wie sich die Bewerbersuche verändert hat und warum sich Ausbilden trotz Krise lohnt, erklärt der Abteilungsleiter der Ausbildungsberatung Michael Knauer.

Viele Betriebe sind durch die Pandemie in puncto Ausbildung verunsichert. Welche Fragen stellen Ihnen Inhaber von Ausbildungsbetrieben aktuell am häufigsten?

Die Fragen sind seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 weitestgehend gleichgeblieben. Die drei häufigsten: Darf ich meine Azubis weiterhin in den Betrieb kommen lassen, wenn mein Betrieb für den Publikumsverkehr schließen muss? Kann ich für meine Azubis Kurzarbeitergeld beantragen? Gibt es eine finanzielle Förderung für Auszubildende?

Und wie lautet die Antwort auf Frage 1?

Ja, eine Ausbildung ist auch bei Betriebsschließung weiterhin möglich und sogar geboten. Auch wenn Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, muss der Betrieb sein Möglichstes tun, um die Ausbildung aufrecht zu erhalten.

Gibt es Kurzarbeitergeld auch für Lehrlinge?

Zunächst nicht. Der Betrieb ist für bis zu sechs Wochen in der Lohnfortzahlungspflicht, wenn die Ausbildung ausfällt aus Gründen, die der Azubi nicht zu verantworten hat. Der Betrieb sollte die Azubis beim Antrag aber mit angeben. Nach diesen sechs Wochen kann auch für Azubis Kurzarbeitergeld beantragt werden. Ansonsten kann im Rahmen des Förderprogrammes "Ausbildungsplätze sichern" ein Zuschuss beantragt werden, wenn Kurzarbeit in der Ausbildung vermieden wird.

Womit wir schon bei der dritthäufigsten Frage wären…

Der Bund hat 2020 das Förderprogramm "Ausbildungsplätze sichern" ins Leben gerufen. Hier können Betriebe, die besonders von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind, eine Förderung beantragen, wenn sie die Ausbildungsleistung weiter aufrechterhalten oder gar ausbauen. Voraussetzung dafür sind unter anderem Umsatzeinbußen von durchschnittlich mindestens 50 Prozent in zwei zusammenhängenden Monaten oder von mindestens 30 Prozent in fünf zusammenhängenden Monaten gegenüber dem Vorjahr. Soviel in Kürze und im Allgemeinen. Die genauen Infos zu diesen und anderen Ausbildungs-Fragen haben wir auch auf der Webseite der Handwerkskammer zusammengestellt.

Kennen Sie Betriebe, die wegen Corona ein Ausbildungsverhältnis beenden mussten?

Lösungen von Ausbildungsverhältnissen sind uns aktuell nicht bekannt. Unsere Ausbildungsbetriebe kommen auch während der Corona-Pandemie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in vollem Umfang nach. Gerade auch in den Branchen wie etwa dem Friseurhandwerk, in dem es viele Lehrverhältnisse gibt und die in besonderem Maß von Betriebsschließungen betroffen waren und sind, geben sie unseren jungen Menschen weiterhin die Möglichkeit, mit einer Ausbildung eine fundierte Grundlage für den Einstieg ins Erwerbsleben zu erhalten. Aber je länger der Lockdown dauert, desto höher werden die finanziellen Belastungen für die betroffenen Betriebe. Hier hört man durchaus von dem ein oder anderem Betriebsinhaber, dass sie in den kommenden Jahren sehen müssen, ob sie sich eine Ausbildung noch finanziell leisten können.

Viele Handwerksunternehmer wissen nicht, wie sich ihr Geschäft in den nächsten Monaten entwickeln wird, es gibt kaum Planungssicherheit. Dementsprechend hadern viele mit der Azubi-Planung für das kommende Lehrjahr. Was raten Sie?

Trotz der nachvollziehbaren Planungsunsicherheit bleibt die Ausbildung von eigenen Fachkräften eine lohnenswerte Investition in die Zukunft des eigenen Betriebes. Die Corona-Pandemie wird uns auch im Jahr 2021 noch lange beschäftigen. Nichtsdestotrotz gibt es eine Zeit danach und hier gilt es rechtzeitig die Weichen zu stellen. Auch wenn es bisweilen eine schwere Entscheidung sein mag: wer jetzt bei der Ausbildung einspart, spart an der falschen Stelle und wird sich bei dem zu erwartenden Aufschwung nach der Pandemie umso schwerer tun, die nötigen Fachkräfte für sein Unternehmen zu bekommen.

Berufsorientierung, Ausbildungsmessen, Praktika und weitere Berufsfindungsprozesse sind gerade nur eingeschränkt möglich. Das betrifft nicht nur die künftigen Azubis, sondern auch die Betriebe. Wie finden Unternehmer trotzdem passende Lehrlinge?

Die Einschnitte in der Berufsorientierung sind deutlich spürbar. Es wurde vielerorts auf digitale Angebote, auch was Ausbildungsmessen anbelangt, umgestellt. Die Erfahrungen damit sind durchwachsen, die digitalen Plattformen, die für Messen angeboten werden, gehen qualitativ weit auseinander. Nichtsdestotrotz wird es immer wichtiger, auch digital in der Öffentlichkeit Präsenz zu zeigen und hier ein ansprechendes Angebot für Ausbildungsinteressierte bereitzustellen. Was sich jedoch auch festhalten lässt, ist die Erfahrung, dass ein digitales Angebot den persönlichen Austausch nicht vollumfänglich ersetzen kann. Schon gar nicht das Ausprobieren eines Berufes im Rahmen eines Betriebspraktikums. Dies ist unter Einhaltung der jeweiligen Hygieneregeln aber zum Glück weiterhin möglich.

Haben Sie Tipps, wie Betriebe das Bewerbungsverfahren der Situation anpassen können? Etwa mit digitalen Vorstellungsgesprächen?

Nicht erst seit Corona gehen Betriebe hier neue Wege. Sei es ein digitaler Tag der offenen Tür oder die Bewerbung über "WhatsApp". Hier müssen Betriebe einen für sie passenden Weg finden, den sie in der Betreuung auch bewerkstelligen können. Es zeigt sich jedoch, dass die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme etwa über soziale Netzwerke bei Jugendlichen abgesenkt werden kann, wenn diese Mittel richtig eingesetzt werden.

Worauf sollten Betriebe achten, damit sowohl Lehrling als auch Unternehmer die Ausbildung in dieser schwierigen Situation bestmöglich meistern?

Dem bereits wichtigsten Bestandteil in der Führung von Mitarbeitern kommt eine noch größere Bedeutung zu. Die Kommunikation untereinander und das Reden miteinander! Klare Absprachen und Abstimmungen sind entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Ausbildung. Hier gilt es auch die Meinungen und Erfahrungen der Azubis zu respektieren und mit in die Planung einzubeziehen. Die Azubis wissen nun mal am besten, wie etwa der Distanzunterricht derzeit abläuft und wo sie eventuell Nachholbedarf haben.

Ansprechpartner

Knauer Michael Fotowerkstatt Gahr

Michael Knauer

Abteilungsleiter

Tel. 0941 7965-186

Fax 0941 7965-281186

michael.knauer--at--hwkno.de



Weitere Informationen

Beratung für Ausbildungsbetriebe

Ausbildungstipps von A-Z für Betriebe

Lehrstellen/Praktika eintragen

Knauer Michael Fotowerkstatt Gahr

Michael Knauer

Abteilungsleiter

Ditthornstraße 10

93055 Regensburg

Tel. 0941 7965-186

Fax 0941 7965-281186

michael.knauer--at--hwkno.de